Augen auf … mit Überraschungen ist zu rechnen …
eine Erfahrung im virtuellen Open Space
Nachdem ich seit ungefähr 20 Jahren Open Space kenne und begleite, habe ich bisher sehr wenig Erfahrung in der Begleitung von virtuellen Workshops und Klausuren …. ich habe es schlicht bisher nicht gebraucht. Das ist jetzt anders. In Zeiten der Corona-Pandemie müssen wir uns umstellen und neue Formate lernen.
So habe ich nun meinen ersten virtuellen Open Space begleitet. Ich möchte hier ein paar Erfahrungen und Tipps teilen:
Kurz zum Hintergrund: ich begleite einen Visions- und Leitbildprozess für eine entstehende Gemeinschaft, die gemeinsam bauen und leben wollen. Geplant war ein ganzes Wochenende intensives Kennenlernen und erste Schritte gemeinsam Planen. Wir haben entschieden, das Ganze online durchzuführen, es waren ca. 20 Teilnehmende und ich.
Meine Erfahrungen:
- Wichtig ist der vorgelagerte Technik-Check, wir machten das am Tag davor, dadurch waren die meisten schon etwas vertrauter
- Wir haben Zoom als Konferenzraum gewählt, dazu gab es eine Community-Seite (Basecamp) und für den Open Space benutzten wir ein pad für die Anliegenwand.
- Am ersten Tag haben wir mit Appreciative Inquiry (Wertschätzendes Erkunden) gearbeitet, am zweiten Tag dann im Open Space.
- Tagesablauf: 10-13 Uhr und 15-17 Uhr
- Wir haben uns online und via Telefon getroffen (z.B. haben die meisten das AI-Interview per Telefon durchgeführt, sind an die Luft gegangen oder haben sich aufs Sofa gelegt..)
- Sehr hilfreich war die Funktion, die Gruppe in Kleingruppen aufzuteilen, hierbei vor allem die Möglichkeit, dass die TN sich frei in den Breakouts bewegen können (das Gesetz der Mobilität!). Hierzu möchte ich das Angebot meiner Kollegin Anna Caroline Türk empfehlen, die in einem kleinen Online-Training Möglichkeiten vermittelt, wie Online-Meetings partizipativ gestaltet werden können.
- Herausfordernd war die Sammlung der Anliegen im Open Space. Ein gemeinsames Schreiben in ein Dokument (pad) war deswegen schwierig, weil mehrere Menschen in das gleiche Feld schreiben wollten und es dann blockiert war… Die Lösung für uns war, dass ich für die TN in dem Dokument geschrieben habe, was alle sehen konnten.
- Ich frage mich, wie ich die OS Prinzipien für alle während der ganzen Zeit besser visuell bereitstellen kann. Ich habe sie zu Beginn während der Einführung (die ich sehr kurz gehalten habe) per Powerpoint gezeigt und später noch mal in den Chat geschrieben…. Da würde ich mir noch was Besseres vorstellen…
- Die Dokumentation lief über die Community-Plattform. Dort habe ich ein Dokublatt abgelegt und die TN haben die Vorlage ausgefüllt und dort auch gespeichert. Hierbei war es für einige Gruppen wohl recht hilfreich, die Notizen im Chat zu schreiben und dann in das Dokublatt zu kopieren, so konnten alle mitmachen.
Generell wichtig:
- Genügend Pausen einrechnen, online ist für die meisten deutlich anstrengender als ein offline-meeting
- Aktive Bewegung einbauen, die TN animieren aufzustehen, sich zu räkeln, die Schultern zu lockern…
- Auch gemeinsam Tanzen geht (dazu die Musik von einem anderen Gerät abspielen und eine gute Box nutzen) – die Übertragung lässt zu wünschen übrig, geht aber 😉
- Immer wieder in Kleingruppen einzuladen war sehr hilfreich und hat die TN „erfrischt“….
- Für mich waren die beiden Tage sehr erfüllend, aber auch brutal anstrengend. Besser wäre gewesen, wir hätten in einem Team gearbeitet. Hierzu hat unser Kollege Chris Corrigan einen tollen Blogartikel geschrieben und rät unter anderem, zu dritt zu arbeiten: 1 Facilitator, 1 Person, die die Technik checkt und 1 Person, die dokumentiert. Ich denke, zu zweit zu arbeiten hätte mir geholfen.
Mein Fazit:
Es geht mehr online, als ich dachte, und klar – es ist nicht das Gleiche. Und natürlich: Die facilitative Haltung und innere Gelassenheit virtuell zu bewahren, ist wohl das Wichtigste in der Begleitung. Und mir selbst zu erlauben, zu lernen, mich nicht unter Druck zu setzen, für alles sofort eine Lösung zu haben. Ein paar wertvolle Ideen und Hinweise kamen aus der Gruppe (wie immer). Und gut für mich sorgen, es muss nicht alles perfekt sein!
Wer noch mehr lernen möchte über Möglichkeiten, Treffen in der virtuellen Welt zu organisieren und zu gestalten:
Unser Seminar „Begleitung von Online-Treffen“ im April und
ein großer Campus zu „virtual Cooperation“ (auf englisch)
Liebe Jutta, wir haben auch unser Mindful Leadership Training the Trainer Modul mit Rudi Ballreich letzte Woche online durchgeführt. Und haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Der persönliche Check-in am Anfang ist wesentlich essenzieller, um den Kontakt in der Gruppe herzustellen. Wir waren zwölf Personen. Es hat sich rausgestellt, dass es einerseits sehr fokussiert ist und dadurch natürlich viel anstrengender. D.h. es ist wichtig, für Abwechslung zu sorgen, immer wieder Runden einzubauen, in denen jeder in der Gruppe aktiv mit einbezogen wird. Es ist ja unmöglich direkten Augenkontakt aufzubauen, d.h. die Augen wandern umher und suchen Kontakt…
Adobe connect scheint in der Vorbereitung mit Einbindung von Dokumenten strukturierter und für den Moderator einfacher zu sein.
Wir waren begeistert trotz der widrigen Umstände so viel Nähe und Intensität erfahren zu haben. Rudi Ballreich teilt bestimmt gerne seine Erfahrungen mit Adobe Connect.
Herzlich Claudia
Super hilfreiche Zusammenfassung deiner Lernerfahrung! Vielen Dank, Jutta!
Dein Erfolg und deine Tipps machen mir Mut, mich mit dem virtuellen Raum auch weiter anzufreunden und damit zu experimentieren!
Liebe Grüße, Silke