Cornelia Reichel, Kulturmanagerin
Zur Ausbildung an der Facilitation-Academy bin ich durch die Empfehlung einer Kollegin gekommen, als ich mich letztes Jahr entschied, mich als Kulturmanagerin selbstständig zu machen. In Dresden, wo ich lebe, wollte ich angesichts der verhärteten Fronten neue Formate finden, wie Menschen innerhalb eines Stadtteils wieder mehr ins Gespräch miteinander kommen und mir dafür grundlegendere Kenntnisse aneignen.
Da ich im Gegensatz zu den anderen Teilnehmenden vor der Ausbildung zur Facilitatorin noch nicht als Prozessbegleiterin gearbeitet hatte, fand ich es anfangs manchmal schwer, den Inhalten zu folgen. Mein Ziel war zu Beginn der Ausbildung, die Streitkultur in meinem direkten Umfeld zu verbessern – und ich habe in einem längeren Lernprozess, vor allem durch die ständigen Gespräche mit den anderen Teilnehmenden gelernt, dass Dialog wesentlich hilfreicher sein kann, weil es dabei nicht um intellektuellen Schlagabtausch von Argumenten geht, sondern um ein Verständnis des anderen und eine Annäherung unterschiedlicher Positionen über dieses Verstehen.
Inzwischen spreche ich gar nicht mehr von Streitkultur, sondern nur noch von Dialog. Ich bin begeistert von diesem Ansatz und davon, wie gut er funktioniert.
Die entscheidende Wende im Lernprozess kam für mich während des Camps in Gottsdorf, wo wir mit der aus meiner Sicht genialen Methode „The Work“ gearbeitet haben, bei der es einen zentralen Grundsatz gibt: „Nichts ist wahr ohne sein Gegenteil.“ Diese Methode hilft nicht nur dabei, die ständigen Polarisierungen zwischen „falsch“ und „richtig“ aufzuheben, sondern auch bei der Akzeptanz, dass die Dinge ständig im Fluss sind (Pendel).
Insgesamt war für mich das Kennenlernen und Verinnerlichen der facilitativen Haltung das Wichtigste an der Facilitation-Ausbildung, viel entscheidender etwa als die gleichzeitig vermittelten Methoden. Diese Haltung macht immer wieder einen großen Unterschied, etwa bei der Frage, was einen echten Dialog ausmacht, wie man ihn durch eine facilitative Haltung ermöglicht und wie man durch den Dialog Konflikte lösen kann.
Die in der Ausbildung gelernten Methoden der Körperarbeit werde ich selbst wohl eher nicht anwenden, aber ich merke, dass sich auch dazu meine Haltung langsam verändert hat und ich inzwischen solche Formate suche und daran teilnehme – was ich früher nicht getan hätte. Generell werde ich die facilitativen Methoden weniger in meiner Arbeit als Kulturmanagerin als vor allem im Team anwenden. In den von mir organisierten Veranstaltungen werde ich zukünftig allerdings so oft wie möglich Facilitatoren einbinden – egal ob ich diese Rolle selbst übernehme oder von extern beauftrage, damit andere Menschen dieses Format kennenlernen und diese Haltung bekannter wird.
Ich selbst sehe mich dabei an einer Schnittstelle: einerseits habe ich durch die Ausbildung die facilitative Haltung verinnerlicht, andererseits finde ich die Sprache der Facilitatoren manchmal schwer annehmbar. Für mich ist es daher ein wichtiges Anliegen, wie es uns noch besser gelingen kann, die tollen Inhalte einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu vermitteln.
Gerade was den Schwerpunkt Dialog betrifft, denke ich, dass davon noch viele andere Berufe profitieren könnten. Ich würde mir deshalb wünschen, dass die Facilitation Academy vielleicht irgendwann ein Seminar nur zum Thema „Dialog“ anbietet.
Ich selbst möchte die facilitative Haltung an möglichst viele Menschen weiter vermitteln und das Erleben des Dialogischen insgesamt noch viel mehr in die Gesellschaft bringen.
Die Facilitation Academy empfehle ich auf jeden Fall weiter – für alle Menschen, die in der Prozessbegleitung von Großgruppen tätig sind und dies noch nicht facilitativ tun.
Was Jutta und ihr Team ausmachen: professionelle Neugier und leidenschaftliche Offenheit!
Cornelia Reichel ist nach zwanzig Jahren Abwesenheit in ihre Heimatstadt Dresden zurückgehrt, um die im Aus- und Inland erworbenen beruflichen und persönlichen Erfahrungen hier vor Ort einzubringen. Mit dem Ziel einer gesellschaftlichen Verständigung entwickelt und koordiniert sie aktuell Projekte wie z.B. „Sachsen im Dialog“ (Projektträger Kultur Aktiv e.V.), „Bleibt alles anders?“ (mit dem FilmFestival Cottbus) und demoSlam – Format für Verständigung (mit der Initiatorin Evgeniya Sayko).